Von André Sicks.
Sein oder Nicht-Sein, mit diesem Zitat aus Shakespeares Hamlet begann am 26. September im filmriss Kino die Theateraufführung „Das liegt im Blut“.
Eine autobiografische Reise mit Gifty Wiafe, die im Rahmen der „Fairen Woche“ stattfand und die durch das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert wurde. Als Zuschauer*in begab man sich für eine kurze Zeit in eine Welt zwischen Afrika und Europa. Zwischen Ghana, wo Giftys Wurzeln liegen, und Deutschland, wo sie heute lebt. Die Reise in dieses unbekannte Land wurde begleitet von Musik, Giftys Trommelrhythmen, ihrem Gesang, ihrem Tanz und ihren Erzählungen.
Gifty Wiafe be-gann ihre Erzählungen mit dem Umstand ihrer Geburt, damit, dass ihre Mutter, selbst noch ein Kind, dreimal ins Krankenhaus gefahren war, um sie abtreiben zu lassen, und die es sich dann doch anders überlegt hat. „Ja, wir haben Krankenhäuser mit echten Ärzten”, räumte sie mit einem gängigen Vorurteil auf, nicht nur Medizinmänner, die aus Hühnerknochen zu lesen.“ Dies machte sie mit einem Augenzwinkern, und ergänzte, dass man heutzutage aus den Knochen der Chlor-Hühner aus den Vereinigten Staaten ohnehin zu keinem akzeptablen Ergebnis mehr käme.
Sie erzählte aber auch von Tomaten, die so viel Sonne für ihren Reifeprozess bräuchten, dass die Produktion natürlich am besten im tropischen Holland erfolge. Die überschüssigen gummiballartigen Tomaten würden quasi als Entwicklungshilfe nach Westafrika verschifft. Und sie berichtete von Agbogbloshie, einem Slum am Rande von Ghanas Hauptstadt Accra. Der wohl weltgrößte Elektroschrottplatz, den Europäer, Asiaten, Amerikaner regelmäßig bestücken und auf dem Kinder unter katastrophalen Bedingungen Metalle aus den Altgeräten schmelzen.
Alles wurde von der jungen Künstlerin unverblümt angesprochen. „Warum wünschen sich eigentlich so viele Afrikanerinnen einen helleren Teint? Und warum möchten viele Nordeuropäerinnen einen dunkleren?“ In ihrer offenen Art hielt sie einem unverblümt mit viel Charme und Ironie den Spiegel vor die Augen. Und irgendwie hatte Gifty Wiafe mit all ihren Aussagen immer wieder Recht. Auch wenn viele dabei nicht so gut wegkamen. Wie möglicherweise die jungen Frauen, die sich ihre Zähne mit was für Chemikalien auch immer so bleichen lassen, dass der nächtliche Gang zur Toilette auch ohne Taschenlampe möglich ist.
Immer wieder lockerte die junge Frau ihre Performance mit traditionellen Tänzen auf. „Das liegt nicht im Blut, wir kommunizieren einfach mehr mit dem Körper.” Zwischendurch spielte sie dann auch noch auf den großen ghanaischen Fasstrom-meln, die traditionell eigentlich nur Männer bedienen dürfen. Über-haupt: In Ghana führen die Männer oder Jungs ein paradiesisches Leben ohne lästige Alltagspflichten, die sie vielmehr dem weiblichen Geschlecht überlassen würden. Mit all diesen Darbietungen ermöglichte Gifty Wiafe den Zuschauer*innen, aus einer etwas anderen Perspektive von Deutschland aus auf Ghana zu blicken.
Übrigens bedeutet der Name „Gifty“ nicht etwa Gift, sondern steht für das Wort „Geschenk“. Und das genau ist diese junge Frau mit ihrer Lebensfreude – sie ist eine echte Bereicherung im interkulturellen Austausch, die ihr Publikum im Sturm eroberte.