HAZ: 18.06.2018 – 40. Ausgabe von Jugend spielt für Jugend gestartet

Von Marleen Gaida

Hannover – Wer hat eigentlich gesagt, dass der Jugend von heute alles egal sei? Das 40. internationale Festival “Jugend spielt für Jugend”, das am Montagmorgen im Ballhof Eins startet, beweist das Gegenteil. Unter dem Arbeitstitel “40 ways to make the world more attractive” zeigen Schüler bis zum 22. Juni, dass sie sich sehr wohl Gedanken um unsere Welt machen.
Die Festivaleröffnung erfolgt durch das Tanztheater „Tete Adehymma“ aus Accra in Ghana. Das Gastspiel „It’s in the blood?!“, das in Zusammenarbeit mit dem Cactus-Theater aus Münster entstanden ist, zeigt eine Lectureperformance der ghanaisch-stämmigen Schauspielerin Gifty Wiafe. Die in Münster lebende Schauspielerin verarbeitet in dem Stück eigene Erfahrungen und nimmt Bezug auf gängige Klischees über Afrikaner und Deutsche. Die Pointen sitzen und das Publikum kann bei so manchen Vergleichen herzlich lachen, auch wenn diese bittersüß sind: „Wenn Deutsche Tage lang in der Sonne liegen, heißt das, das sie genügend Geld haben, um Urlaub zu machen. Wenn Afrikaner das machen, heißt es, sie hätten keinen, der auf sie aufpasst.“

„Wenn ich in Deutschland bin, vermisse ich Ghana“

Die Darstellerin macht ihre Zerrissenheit deutlich: „Wenn ich in Deutschland bin, vermisse ich Ghana.“ Aber nicht nur ihre eigene Emotionalität wird aufgegriffen. Auch der globale Hühnermast-Wahn wird thematisiert. Gifty erklärt: Deutsche bevorzugen Hühnerbrustfilet, die Reste werden nach Afrika verschifft, denn dort würde man noch das ganze Huhn mit Knochen verspeisen. Und wenn das traditionelle Knochen-Orakel der Magier in Ghana nicht mehr funktionieren würde, dann läge dass an der schlechten Qualität der Hühner aus Brasiliens Mastfarmen. Ihre Forderung: Esst mehr frische Hühner aus lokaler Aufzucht. Das hat gesessen. Eineinhalb-stündige Kritik an rassistischen Stereotypen und Massentierhaltung durch scharfsinnige Poesie vorgetragen und von rhythmischen Tanz- und Gesangseinlagen untermalt, die der Aufführung Leichtigkeit verleiht. Das Publikum belohnt es mit stehenden Ovationen.

Bürokratie erschwert internationalen Austausch

Ein Wermutstropfen gibt es bei dem diesjährigen Festival, dass sich gegen Nationalisierung und für „offene Grenzen, Arme, Herzen und Augen“ einsetzt, wie es die Leiterin des Jungen Schauspiel Barabara Kantel betont. Sechs Schauspieler der zwei ghanaischen Theatergruppen haben von der deutschen Botschaft kein Visum erteilt bekommen. Und das, obwohl das Festival vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finanziell unterstützt wird. Ute Handwerg von der BAG Theater & Spiel, die den Austausch mit den Gruppen aus Ghana organisiert hat: „Wir befinden uns in einem Widerspruch: Zum einen werden uns von der Bundesregierung Mittel zur Verfügung gestellt und zum anderen wird der gewünschte Austausch mit internationalen Theatergruppen durch die deutsche Botschaft erschwert.“ Den angereisten Jugendlichen und Künstlern aus Ghana, Malawi und der Türkei ist am ersten Festivaltag von den bürokratischen Schwierigkeiten nichts anzumerken, auch wenn die Gruppe „Tete Adehymma“ aus Accra gleich zwei Hauptrollen umbesetzen mussten, weil ihnen Darsteller fehlten. Im Ballhof Eins herrscht ausgelassene und fröhliche Stimmung, so wie es bei einem Jugendfestival sein soll.
Das 40. internationale Festival „Jugend spielt für Jugend“ läuft noch bis zum 22. Juni im Ballhof Eins und Zwei in Hannovers Altstadt.
HAZDie Schauspielerin Gifty Wiafe bei der Jugend spielt für Jugend-Eröffnung. Zu sehen in einer Lectureperformance “It´s in the blood?!” vom Teteadhyemma dance theatre & Cactus-Theater Münster.