infodienst DAS MAGAZIN FÜR KULTURELLE BILDUNG Nr. 137 Oktober 2020: ROBOT

EIN FLASHLIGHT AUF ROBOT
Wird die Welt durch mehr Technologie zum Paradies? Oder zur Hölle? Szenarien gibt es für beides. Wie fängt man jetzt an und wo bleibt der Mensch in einer digitalisierten Welt? Ist die Firewall der Menschenwürde krisensicher oder lässt sie sich hacken? Diese Fragen waren der Motor für Regisseur Alban Renz und sein sechsköpfiges Ensemble, sich auf die Suche zu machen nach neuen Kulturtechniken und sozialen Praktiken im kritischen Dialog mit den selbstlernenden Systemen.
Selbstbestimmtes Leben mit KI und digitale Souveränität – geht das und wenn dann wie? Existiert ein Beziehungsraum zwischen Mensch und Maschine? Die partizipativ entwickelte Jugendtheater-Produktion hat sich inspirieren lassen vom bekanntesten ScienceFiction Autor der Welt und Erfinder des Robotik-Begriffs, Isaac Asimov, der 2020 100 Jahre alt würde. »Ein Roboter darf der Menschheit keinen Schaden zufügen oder durch Untätigkeit zulassen, dass der Menschheit Schaden zugefügt wird«, lautet seine oberste Regel, die bis heute gilt?! Das junge Ensemble hat sich furchtlos an dieses komplexe Thema gewagt und diverse Szenarien auf der Bühne durchgespielt, in denen sich Roboter an die Gesetze halten oder auch nicht … »Die größte Herausforderung lag darin, diese Auseinandersetzung mit KI und Digitalisierung mit aufrichtigen Emotionen zu füllen, die über die Inszenierung von der Theaterbühne strahlen und anregen«, so Regisseur Alban Renz.

Bühnenraum cyberspacig. Licht ausgefuchst. Fünf riesige Displays vom Boden bis zur Decke des Theaters im Pumpenhaus in Münster.
Sechs Menschen live. Das Narrativ on stage on screen – rasant. Elektrische Ameisen hyperfleißig ohne Burnout. Hunde tanzen Algorithmen und Fußball bleibt. Hatte ja bisher auch nix mit Ethik und Moral zu tun. Und das Unternehmen »EgoWall« (Logo: EW), das perfide personalisierte Apps zur Verbesserung/Manipulation der menschlichen Bedürfnislagen und Optimierungswünsche mit dem Werbeslogan verkauft »Du weißt am besten, was du brauchst«. Es würde bei der Höhle der Löwen garantiert alles abräumen. Alle Programme, die der Mensch so braucht zu Themen wie Intelligenz, Liebe, Politik werden hochgeladen und das Publikum wird gelockt, schon fast im Geiste auf das Symbol »Einkaufskorb« zu klicken. Grenzen verschwimmen. Die junge Videokünstlerin Laureen Laser kreiert Bilder und Projektionen, die einen suggestiven Trip ins Gehirn bescheren und die Spieler*innen tänzeln immer auf dem Grat zwischen Mensch und Maschine. Die Welt mit den neuen Tools der KI zu denken scheint kein Problem zu sein, aber sie damit anzufassen, im ursprünglichen Sinne von Berühren der Seele, des Geistes, bleibt wohl offen …
Die Westfälischen Nachrichten vom 31. August fassen es so zusammen: »Am Ende wird deutlich, dass Künstliche Intelligenz wohl alsbald intelligenter sein wird als der Mensch.
Aber es kommt die interessante Frage auf, ob Roboter nicht auch die besseren, moralischeren, glücksverheißenderen menschenartigen Wesen wären. Es ist halt sehr verlockend, sich an die Flexileine der Netzwerke legen zu lassen: fühlt sich frei an trotz Kontrolle […] Gefühle und Intelligenz sind halt ein ungleiches Paar.«
Rita Roring, Dramaturgische
Leitung Cactus Junges Theater

Hinweis: Seit 1992 arbeitet das vielfach prämierte transkulturelle Jugendtheaterlabel Cactus Junges Theater in den Bereichen junge Theaterkunst und kulturelle Bildung mit Jugendlichen aus allen Bereichen der Gesellschaft mit und ohne Migrationshintergrund zwischen 14 und 27 Jahren unter professionellen Rahmenbedingungen zusammen: partizipativ, prozessorientiert, international, integrativ, interdisziplinär (gemeinnütziger Trägerverein: Jugendtheater-Werkstatt e.V.)
Weiteres unter www.cactus-theater.de
Kontakt: Cactus Junges Theater, Hoppengarten 22, 48147 Münster
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