WN, 16.10.2023: Heikler Gruppentanz mit Trenchcoats

In der Collage “Hoping for…” des Jungen Theaters Cactus  geht es um Krieg und Frieden

Foto: Ralf Emmerich

Von Helmut Jasny
Münster. Was ist Frieden und wie lässt er sich herbeiführen? Dieser unangenehm aktuellen Frage stellt sich das Cactus-Theater in seiner neuen Produktion „Hoping for…“. Und weil Regisseurin Judith Suermann und ihre jungen Darsteller keine Experten sind, versuchen sie erst gar nicht, eine Antwort zu finden. Vielmehr wollen sie ein Bewusstsein dafür schaffen, wie Konflikte entstehen und wie sie sich eventuell vermeiden ließen. Am Freitag hatte das als Collage angelegte Stück im Pumpenhaus Premiere.

Am Start ist ein siebenköpfiges Ensemble mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund. In Dialogen und Tanzszenen (Choreographie: Emmanuel Edoror) spielen sie Situationen durch, die mit Krieg und Frieden zu tun haben. Da geht es zum Beispiel um die Gefühle von Soldaten, wenn sie erfahren, dass der Krieg zu Ende ist. Auch Streitigkeiten zwischen Eltern und Kinder werden thematisiert. Oder Sachen, die den Frieden ausmachen. Begriffe wie Freiheit und Sicherheit werden genannt, aber auch Urlaub und Mülltrennen. Ganz ohne Humor geht selbst ein so ernstes Thema bei Cactus nicht über die Bühne.

Und das ist gut so. Denn der Einsatz von Komik hat hier durchaus erhellendes Potenzial. Das zeigt sich etwa, wenn eine Darstellerin auf Staatsmännin macht und mit viel Pathos und noch mehr Floskeln die Wichtigkeit von – ja, was eigentlich? – betont. Ähnlich unterhaltsam gestaltet sich ein Achtsamkeitsseminar, bei dem die Teilnehmer ihrer inneren Unzufriedenheit nachspüren und sie am Ende einfach wegatmen.

Aber es geht auch ernsthaft: In der Rolle eines Soziologen beschäftigt sich eine Darstellerin mit der Frage, ob der Mensch hilfsbereit sei oder nur an sich selber denke, und kommt dabei zu einem unerwartet positiven Ergebnis. Konterkariert wird es allerdings durch einen Gruppentanz mit Trenchcoats, bei dem am Ende eine Tänzerin alle Kleidungsstücke an sich reißt. Aufschlussreich ist auch eine Szene, in der Politiker beraten, wie der Krieg in der Ukraine am besten zu beenden sei, und sich dabei selbst heillos zerstreiten. Es ist ein Sammelsurium an kleinen Szenen, die das Cactus-Theater hier zu einer ebenso unterhaltsamen wie nachdenklich stimmenden Collage verbindet. Und damit das Publikum dabei nicht passiv bleibt, darf es am Ende sogar noch mit dem Ensemble Walzer tanzen.

Weitere Vorstellungen: 19. bis 22 Oktober, Pumpenhaus