WN: 22.05.2023 Gloster und Cactus präsentieren Mohaddeseh Hossini

Wenn selbst die Augen Sünde sind

Foto: Jörg Kersten

Von Maria Conlan
MÜNSTER – Das Welthaus in Hiltrup passt als Ort für die Lyric. Am Samstagabend fand hier die Lesung “Fliegen im Fallen ” mit Harfenmusik und Texten der jungen Afghanin Mohaddeseh Hossini statt.
Hossini wuchs in Teheran auf, ihre Dichtersprache ist Persisch. Seit drei Jahren lebt sie in Drensteinfurt, und vor zwei Jahren kam sie in Münster mit dem Internationalen Theaterlabor von Cactus Junges Theater in Berührung.
Ihr Sprechlehrer Carsten Bender half ihr, ihre Texte ins Deutsche zu übersetzen, zusammen mit Mehrnaz Hadipour. Es sind sehr ergreigende, starke, vielschichtige Texte einer 22-Jährigen, die erst jetzt ihren Schulabschluss hier nachholen kann, Texte, die berühren und für Gänsehautmomente sorgen, Texte, die wachrütteln und bezaubern.

Barbara Kemler und Carsten Bender trugen zusammen mit der Dichterin die Texte vor, dazwischen sorgte Harfenmusik von Stijn Bovenkamp (Konzertharfe) und Alanna Dongowski (Böhmische Wanderharfe) für eine dichte Atmosphäre, die den Texten zuspielt, die Leichtigkeit in den Abend brachten, die auf ihre eigene Art berührten und Stimmungen vertieften.
Mohaddeseh Hossini las persisch, amschließend deutsch, mit prägnanter, eindringlicher, deutlicher Stimme. Sie las vom Mond, der sich vor ihren Schreine versteckt, von der Einsamkeit und schmerzhaftem Gehen, von einer seltsamen stillen Nacht, von Wunden und Schmerzen und unmenschlichen Menschen.
Vor dem Gedicht “Ihre Sünde waren ihre Augen” erklärt Bender, dass dieses nach dem Anschlag auf eine Schule in Afghanistan entstand, bei dem viele Mädchen getötet wurden. Es ging unter die Haut, als Kemmlers und Hossinis Stimme immer lauter und eindringlicher wurde bis zum Ende: “Wir geben trotz aller Widrigkeiten nicht auf.”
“Dichtung im Doppel” heißt ein Büchlein, welches parallel zu dieser Premiere in Hiltrup entstand, mit Poesie und Prosa von Mohaddeseh Hossini und der Syrerin Albatoul Alraey.