WN: 26.04.2015 Junges Theater Cactus feierte Premiere

Sprache – Mut – Kampf

Von Michael Schardt
MÜNSTER – Nein, es ist kein Schreibfehler! Das neue Stück heißt wirklich „Darum Ich Kampf“, es ist eine wörtliche Übersetzung aus der Gebärdensprache und formuliert bereits im Titel eine Antwort: „Darum kämpfe ich“.

Zuvor allerdings werden in einem abwechslungsreichen und anrührenden Spiel viele Fragen gestellt, die sich auf Zivilcourage, Aggression, Individualität, Hilflosigkeit, Kommunikation, Mut und Sprache beziehen, auf den Umgang miteinander in Alltags- und ungewohnten Situationen. Vor ausverkauftem Haus hatte das von Judith Suermann in Szene gesetzte Stück „von hörenden und schwerhörigen Spielern für Gehörlose und Hörende“ am Samstagabend im Bennohaus seine umjubelte Premiere.
Es beginnt damit, dass im Hintergrund gleich zwei Mal das Alphabet der Gebärdensprache gezeigt wird – eine gewitzte Einführung für Unwissende. Langsam entfalten sich dann die Themen, zunächst punktuell in miniaturartigen Szenen, dann immer größere Kreise ziehend, bis sich die Sequenzen darstellerisch und inhaltlich miteinander verbinden. Die Mittel sind einprägsam: Parallelaktionen, Wiederholungen, Frage- und Antwortspiele, leichte Varianten. Vielfältig hingegen die Formen: Lied, Pantomime, Tanz, Wort, Geste, Mimik, Musik, Film und Gebärdensprache.
Dabei agiert das siebenköpfige Ensemble wie aus einem Guss und weiß Tragisches und Komisches unterhaltend zu kombinieren. Perfekt abgemischt die fortwährenden Ton- und Videobeiträge, die erklären, was vielleicht in der Sprache des anderen unverständlich geblieben wäre.
Etwas fremd ist einzig die englische Originaleinspielung der pathetischen „Rede an die Menschheit“ von Charlie Chaplin in der Rolle Hitlers in „Der große Diktator“. Schon zu Drehzeiten hatte sie zu einem Zerwürfnis im Filmteam geführt und Autor Klaus Mann zu der Äußerung verleitete, es handle sich um eine banale Schlussszene in einem gescheiterten Film.
Das Finale auf der Bühne ist um so eindrucksvoller. Als das Licht ausgeht und die Akteure in der richtigen Reihenfolge stehen, ist auf den phosphoreszierenden Aufnähern der Kleidungsstücke das Motto zu erkennen. Eine überraschende Pointe, die die Zuschauer mit Ahs und Ohs quittieren. Stehender Applaus folgte.
WNMimik, Gestik, Schauspiel, Video, Film, Sprache und Schrift: Das Theater Cactus kombiniert in „Darum Ich Kampf“ virtuos viele Darstellungs- und Kommunikationsformen. Foto: Ralf Emmerich

Zum Thema
Letzte Aufführungen: 27. April, 11 und 18 Uhr, im Bennohaus, und am 29. April, 14 – 18 Uhr, in der Innenstadt (im Rahmen des Welttanztages)