Am Ende ist alles kaputt
Das Theater Cactus hat die „Mars-Chroniken“ des amerikanischen Science-Fiction-Autors Ray Bradbury auf die Bühne des Pumpenhauses gestellt.
Von Helmut Jasny
MÜNSTER – „Fly me to the moon“, singt Frank Sinatra und greift damit entschieden zu kurz. Obwohl die Richtung schon stimmt. Weg von der Erde geht es in der neuen Cactus-Produktion, die am Donnerstag im Pumpenhaus Premiere hatte. Regisseur Alban Renz und Dramaturg Christoph Tiemann haben die „Mars-Chroniken“ des amerikanischen Science-Fiction-Autors Ray Bradbury ausgegraben und daraus ein knapp zweistündiges Theaterstück gemacht, das kein allzu gutes Licht auf den Menschen und seine sogenannte Zivilisation wirft.
Bradburys Roman ist 1950 erschienen, als das Leben in den USA von Rassen-Trennung, Kommunistenhetze und einem Western-Mythos geprägt war, der die Ausrottung der Indianer heroisierte. Diese Geisteshaltung findet sich auch bei den Expeditionsteilnehmern, die von 1999 bis 2026 in mehreren Missionen den Mars besiedeln. Für sie ist der Planet eine Art Sehnsuchtsort, an dem sie ein besseres Amerika errichten wollen. Im Endeffekt machen sie aber doch wieder alles kaputt.
Das 13-köpfige Ensemble agiert in uniformen blauen Overalls und wechselt dabei geschickt zwischen Spiel- und Erzählmodus. Choreografische Einlagen wie die Verwandlung eines Schauspielers in eine Rakete, die dann auf den Schultern der anderen in Richtung Publikum abgefeuert wird, lockern die Inszenierung auf. Originell umgesetzt ist auch die Szene, in der sich die Raumfahrer mit ihren Wurfzelten auf dem roten Planeten breitmachen und dabei wirken wie eine Gruppe unbedarfter Pfadfinder. Dass sie dabei Krankheiten einschleppen, die schließlich zur Ausrottung der Marsianer führen, ist freilich eine andere Sache.
Es gibt auf der Bühne wie im Roman viele Parallelen zur Kolonialisierung Amerikas. Und das macht die Mars-Chroniken zu einer negativen Utopie. Das Zusammentreffen unterschiedlicher Kulturen führt dazu, dass eine Kultur die andere auslöscht. Das Ergebnis ist ein Mars, der sich in einen computerisierten Freizeitpark verwandelt hat. Dorthin flüchten die letzten Amerikaner, nachdem sie die Erde im Atomkrieg zerstört haben. Die Regie reagiert auf diese Entwicklung mit beißender Ironie, indem sie Original-Videos der Zivilschutzbehörden einspielt, die empfehlen, sich unterm Tisch zu verkriechen, wenn eine Atombombe einschlägt.
Vorstellungen sind bis Mittwoch (9. Dezember) täglich um 20 Uhr. Karten gibt es im Pumpenhaus: ✆ 23 34 43.
Auf zum Mars heißt es derzeit beim Jungen Theater Cactus im Pumpenhaus.
Foto: Ralf Emmerich