Von Isabell Steinböck
MÜNSTER – Quietschbunt sehen sie aus in ihren wadenlangen Plastikkleidern (Kostüme: Bettina Zumdick). Schönheit ist diesen „lunaren Amazonen“ mindestens ebenso wichtig wie Komfort. Letzterer hat allerdings böse Folgen: Weil sich die Damen auf ihrem Mond mit „Dimensionsbrechern“ von hier nach dort beamen, verändert sich das Magnetfeld des Planeten. Die ehemals „blühenden Landschaften“ vergehen, ihnen geht buchstäblich die Luft aus. Die Erde scheint den Amazonen daher wie ein Paradies, das es einzunehmen gilt. Doch als die ersten Menschen mit ihrem amerikanischen Raumschiff auf dem Mond landen, machen sie den Frauen einen Strich durch die Rechnung … „Mondraketenmassaker“, ein „Retrofuturistical“ von Stéphane Fromageot (Musik) und Christoph Tiemann (Text), das mit dem Theaterjugendorchester in Kooperation mit Cactus Junges Theater, der Jugendkunstschule, der Musikschule und dem Sinfonieorchester Münster im Kleinen Haus uraufgeführt wurde, ist ein turbulentes Science-Fiction-Stück im Musical-Stil der 1950-er Jahre. Autor Tiemann ist Kabarettist, und so verwundert es kaum, dass nahezu jeder parodiert wird, der die Bühne betritt – nicht ohne vorher tief in die Klischee-Kiste zu greifen: Raketenerfinder Dr. Kuhna (Marvin Fehrenbacher), der einzige Deutsche an Bord der „Liberty 1“, ist Ex-Nazi, Raumfahrt-Unternehmer Steve Dayton (Max Wielenga) denkt nur an Vermarktung, Simon Wright (Sebastian Averdiek) ist als lispelnder Regisseur und Mitreisender die Witzfigur schlechthin, und der entlaufene Sträfling Buster Crabbe (Jan Niklas Niehaus), der alle auf den Mond zwingt, äußert sich am liebsten mit Fäkalsprache.
Anne Verena Freybott und Alban Renz bieten in ihrer Inszenierung Solisten und Ensemble die große Bühne, wenn sie die Jugendlichen ebenerdig, nah vor den Zuschauern agieren lassen (Kulisse aus glitzerndem Lametta: Kathrine Altaparmakov). Neben 47 überzeugenden Orchestermusikern stehen 33 Schauspieler im Rampenlicht wie Profis. Mit fließenden Auf- und Abgängen und strahlenden Show-Gesichtern zeigen sie Annette Taubmanns perfekt einstudierte Choreografie. Wirkt die Geschichte auch überladen – von griechischer Mythologie über Umweltzerstörung und Weltmachtgehabe bis hin zum Geschlechterkampf ist alles dabei – ist die musikalische Umsetzung unter der Leitung von Daniel Klein rundum gelungen. Beeindruckend sind die großen Gesangsszenen (herausragend: Carmen Finzel als Spionin und „Life as an Amazon“ als Chor). Das Publikum war begeistert: Großer Applaus.
Lea Knüvener, Sebastian Averdiek, Marvin Fehrenbacher, Max Wielenga, Jan Niklas Niehaus
Foto: Oliver Berg