WN: 14.03.2015 Kochen ist wie großes Theater

Soabre Ouattara arbeitet in einem Sterne-Restaurant

Von Karin Völker
Münster – Soabre Ouattara ist Koch im Ein-Sterne-Restaurant „Orangerie“ am Timmendorfer Strand. Er stammt aus Ghana. Mit 14 holte ihn sein Vater nach Münster.

Soabre Ouattara war schon 14, als ihn sein in Münster lebender Vater zusammen mit den Geschwistern aus Ghana zu sich holte. Alles ist leichter in Deutschland, hatte der als Reinigungskraft arbeitende Vater dem Sohn gesagt – aber für Soabre war es erst einmal schwer, „sehr schwer sogar“, sagt der junge Mann.

23 Jahre alt ist Soabre jetzt – und vieles fällt ihm mittlerweile leicht, auch wenn er in seinem Beruf oft mehr als zwölf Stunden täglich arbeitet. Soabre Ouattara ist Koch im Ein-Sterne-Restaurant „Orangerie“ am Timmendorfer Strand. Und er will es weit bringen in seinem Job.

Ein Vormittag neulich in Münster: Soabre Ouattara hat ein paar Tage Urlaub, besucht die Familie und ist gerade aus Paris gekommen, wo er in seiner Freizeit im Gourmet-Restaurant eines befreundeten Kochs ausgeholfen hat. In einem Innenstadt-Café trifft er sich mit Barbara Kemmler. Auch wenn Kemmler Theaterregisseurin und keine Köchin ist – sie gehört zu den Geburtshelfern von Soabres bemerkenswerter Berufs-Karriere. Der junge Mann, vor ein paar Jahren noch ein ziemlich schüchterner Mi­grantenjugendlicher an der Geist-Hauptschule, hat bei Kemmler im Jugend-Theater Cactus mitgespielt. Bei Cactus, sagt er in akzentfreiem Deutsch „habe ich entdeckt, was es bedeutet, für eine Sache zu brennen“.

Ende Januar hat Soabre Ouattara den Regionalwettbewerb „Chaine des Rotisseurs“ gewonnen. Sein Chef hatte ihn ins Rennen geschickt. Im April ist der nationale Wettbewerb in Frankfurt. Wer dort gewinnt, darf zum internationalen Finale nach Australien. Soabre lächelt und sagt: „Ich kämpfe gerne.“

Das war nicht immer so. Vier Jahre dauerte es, bis er nach seiner Ankunft in Münster den Hauptschulabschluss in der Tasche hatte. Dann probierte er in einem Berufsvorbereitungsjahr verschiedene Ausbildungsberufe aus. Zuerst Kfz-Mechaniker, dann Dachdecker. Ein Freund brachte ihn schließlich auf die Idee, sich in einem Praktikum bei einem Catering-Betrieb in Münster als Koch zu versuchen. „Ich wusste sofort, das ist es, was ich tun will“, erzählt Soabre Ouattara.

Theaterspielen gehört auch zu den Dingen, die er irgendwann unbedingt tun wollte. Lange hatte er als Schüler in der Geistschule nur zugesehen, sich nicht getraut, wenn Barbara Kemmler mit Jugendlichen probte. Er war schon Koch-Lehrling, als er sich ein Herz fasste, zum Casting zum Cactus-Theater ging. In dem Stück „2 + x Welten“, das vom Leben afrikanischer Jugendlicher in Deutschland handelt, spielte Soabre ein bisschen sich selbst: Den Koch „Onkel Kofi“, der vor lauter Heimweh afrikanische Kochrezepte erzählt.

Seine komplette Freizeit investierte er für das Cactus-Theater. Beim letzten Gastspiel des Stücks hatte Soabre schon die Ausbildungsstelle gewechselt, arbeitete in einem Gourmetrestaurant in Warendorf. „Der Catering-Service war gut, aber ich wollte mehr“, erzählt er.

Beim Theater lernte Soabre auch, selbst den Rhythmus vorzugeben – was ihm jetzt in der Küche hilft. Ein Gourmet-Menü ist ein Kunstwerk, ein bisschen wie ein Theaterstück. „Es will inszeniert, minutiös geplant und ausgeführt werden“, sagt der junge Koch. Im Sterne-Restaurant bildet er mittlerweile einen Lehrling aus.

Wer es in der Gourmet-Küche zu etwas bringen will, bleibt aber nie lange an einem Ort. Als nächste Station hat Soabre Paris angepeilt. Oder Norwegen – „da ist die neue Küche sehr innovativ“, sagt er.

Er selbst mag es gern einfach. Sein Lieblinggericht ist „Foufou“ – Mais- oder Maniokklößchen mit einer pikanten Soße und verschiedenen Fleischsorten.

Es klingt gut, wenn Soabre Ouattara das afrikanische Rezept erzählt – aber nur ein kleines bisschen nach Heimweh.

SoabreSoabre Ouattara in der Sterne-Küche an der Ostsee. Sein Durchhaltevermögen, die Kreativität, aber auch den Ehrgeiz, so sagt er, hat er beim Theater Cactus in Münster für sich entdeckt.
Foto: nn