WN 16.09.2016: Cactus: Solo-Abend mit Gifty Wiafe

Performance zum Perspektivwechsel

Von Petra Noppeney

Münster – Als Henry Nyadiah im Jahr 2000 erstmals Deutschland besuchte, bekam er Probleme mit der Polizei. Weil der Mann aus Ghana auf der Straße ein Kaugummi-Papier vom Boden aufklaubte und ein Zeuge angesichts dieser Szene – und Henrys Hautfarbe vermutlich – Böses witterte.

Jetzt ist der professionelle Bühnen-, Kostüm- und Lichtdesigner mal wieder in Deutschland und leistet in Münster seinen Beitrag, wenn es in der neuen Produktion von „Cactus Junges Theater“, der Solo-Performance „Das liegt im Blut“?!, um den Perspektivwechsel Ghana/Deutschland respektive Afrika/Europa geht. Und um Themen wie: Was macht der europäische Elektroschrott in Ghana, warum wünschen sich afrikanische Frauen einen hellen und Nordeuropäerinnen einen dunkleren Teint, und warum sind deutsche Hähnchenabfälle in Ghana der Renner?

Den Hauptpart wird Gifty Wiafe stemmen, die Ghanaerin, die seit sieben Jahren in Deutschland lebt und demnächst ihr internationales Studium zu „Gender and Diversity“ in Kleve aufnimmt. Manch einer mag sie aus Cactus-Produktionen wie „Wer zuletzt lacht, macht das Licht aus“ kennen. Und manch einem mag es gegangen sein wie Barbara Kemmler, der Künstlerischen Leiterin von Cactus Junges Theater, die früh wusste: „Ich möchte mit Gifty einen Solo-Abend machen.“ Warum, das wird sich laut Kemmler erklären, wenn die quirlige junge Frau am 21. September auf der Bühne steht.

Die 22-Jährige absolvierte ein freiwilliges soziales Jahr in Ghana, als Kemmler mit ihr Kontakt aufnahm und sie dort besuchte. Damals stiegen auch Henry Nyadiah und der Choreograf und Musikverantwortliche der internationalen Solo-Produktion, Frank Sam, ebenfalls aus Ghana, mit ins Boot. Weitere Kraft am Ruder ist die in Irland lebende Dramaturgin Petra Kindler, die das Drehbuch für die vielschichtige Performance entwickelte.

Erzählt wird die Lebensgeschichte von Gifty und ihren Vorfahren – mittels Tanz, Bewegung, Gesang, Schauspiel, traditioneller ghanaischer Musik und Trommeleinsatz. Massiv, aber nicht moralisierend, sondern gar mit Humor wird laut Kemmler die Marginalisierung des Ausspruchs „Das liegt im Blut“ in diesem Solo hinterfragt. Zunächst in Münster, im Februar 2017 dann in Ghana.Gifty Wiafe aus Ghana bestreitet das 75-minütige Solo im Pumpenhaus.

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Sie wird singen, tanzen, trommeln, Geschichten erzählen, schauspielern – und einfach Gifty sein.
Foto: Ralf Emmerich