WN: 21.11.2014 Trauma Vertreibung

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Münster – 14 Lebensgeschichten, verpackt in 45 eindrückliche Filmminuten, erlebt der Zuschauer einer ungewöhnlichen Premiere im Cinema an der Warendorfer Straße. Für ihre Dokumentation „Driften“ holte die Berliner Regisseurin Margit Schild Münsteraner vor die Kamera, deren Leben durch gewollte oder ungewollte Auswanderung entscheidende Brüche erfahren hat, und ließ sie davon erzählen.

„Nichts war durch mich inszeniert“, verriet sie im anschließenden Gespräch. Die Handlung ist schnell erzählt: Mal kleben die Beteiligten paarweise und ohne Vorgabe mit Isolierband Umrisse auf eine Boden- oder Wandfläche, während im Off eine Stimme zu hören ist, mal zeigt eine Kamera in Nahaufnahme einen von ihnen im Monolog. Ungefragt schildern sie ihr Leben in einem fremden Land und einer fremden Kultur.

Ob die Flucht vor einem autokratischen Regime, etwa in Chile, Ungarn oder der DDR, oder die freiwillige Entscheidung für ein Studentenvisum hinter der Ausreise stand, spielt für die Wirkung auf der Leinwand keine Rolle. Ebenso wenig, ob der Geburtsort in Frankreich oder der Republik Kongo liegt. Das Trauma der Vertreibung, der Kontakt zu Einheimischen und die Frage nach der eigenen Identität beschäftigt alle in gleichem Maß. „Es sind Inhalte, die außerhalb des Diskurses liegen“, ergänzte Margit Schild. Die Idee kam ihr nach einem Projekt, bei dem ein Bootsflüchtling über sein Schicksal erzählte. Da sie bereits entsprechende Kontakte, etwa zum Verein „Cactus Junges Theater“, besaß, habe sich Münster als Drehort angeboten. Während der Premiere saßen die meisten Darsteller im Publikum und schilderten ihre Eindrücke während der Aufnahmen.

Unterstützung erhielt sie unteranderem von der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe und der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender (GGUA). „Der Film ist überzeugender, als wir Lobbyisten es sein können“, fand deren Mitarbeiter Volker Maria Hügel.

trauma Carine Evindi Jengoul (r.), Mohammed Sedighi (l.) und Rául Hidalgo waren drei von 14 Darstellern, die vor der Kamera von Margit Schild über ihre Auswanderung sprachen.