Theater: Cactus hat mit „Richard“ eine sehenswerte Shakespeare-Adaption hingelegt
Von Helmut Jasny
Münster – „Ich kann gut reden und lachen, sogar wenn ich morde.“ So charakterisiert sich der Titelheld in „Richard“, einer modernen Adaption von Shakespeares „Richard III.“, mit der das Theater Cactus am Mittwoch im Pumpenhaus Premiere feierte. Alban Renz und Co-Regisseur Andreas Strietzel siedeln das Geschehen in einer Partei an, die gerade die Wahl gewonnen hat und sich jetzt anschickt, die Macht zu übernehmen. Dabei kämpft sich Richard an die Spitze, indem er jeden meucheln lässt, der ihm im Weg steht. Bis es ihn selbst erwischt.
Dramaturgin Sarah Giese hat von Shakespeare das Handlungsgerüst übernommen und mit eigenen Dialogen gefüllt. Der Ton reicht von deklamatorischen Passagen über Politiker-Jargon bis hin zur Jugendsprache. „ Boah du widerst mich an“, sagt Anne, als Richard sie zu verführen versucht. Und Elisabeths Tochter findet das Treiben der Männer „megapeinlich“. Das sorgt für Komik und erleichtert das Verständnis der komplexen Handlung. Dieselbe Wirkung hat ein Video auf dem Agnieszka Barczyk als überforderte Nachrichtensprecherin einen Überblick über die Vorgeschichte gibt.
Die gut zweistündige Inszenierung solch komischer Einlagen wegen als Shakespeare-Parodie zu nehmen, wäre aber verkürzt gedacht. Denn die Übertragung auf das Hier und Heute funktioniert gut – nicht zuletzt durch Shaun Fitzpatrick als Richard, der modernes Politikergebaren entlarvt, indem er nach außen stets untadelig auftritt und das Gemeinwohl betont, während er im Geheimen seine Karriere antreibt. Durch Intrigen baut er ein Machtvakuum auf, das er dann scheinbar selbstlos füllt.
Darstellerisch kann auch der Rest den zwölfköpfigen Ensembles überzeugen, allen voran Hazyr Kurti, der als gedungener Mörder durch seine prollige Art für Lacher sorgt. Originell ist die Idee den Herzog von Buckingham mit einer Frau zu besetzen, die für Richard als PR-Beraterin tätig ist. Als Ausgleich dafür, wird die Herzogin von York von einem Mann in Frauenkleidern gespielt. Ebenfalls gelungen sind die kurzen, dynamischen Tanzeinlagen und die leitmotivische Verwendung von Elvis-Songs, zumal sie nach der Pause helfen, die eine oder andere Länge in der sonst so stringenten und sehenswerten Inszenierung zu kaschieren.
Macht verleiht Flügel: Shaun Fitzpatrick als Richard.
Foto: Emmerich